Thüringen in Wolfgang Kemps Buch „Wir haben ja alle Deutschland nicht gekannt“
Nach 1918 musste sich Deutschland politisch und sozial neu definieren, aber sich auch als Land, als geografische und kulturelle Einheit neu entdecken. Es setzte ein Prozess ein, den man mit einem Begriff der Zeit als „Innere Kolonisation“ bezeichnen kann. Zur Kompensation der vielen Verluste machten sich Wissenschaftler und Künstler daran, jene Dimension zu erschließen, das „innere“ Deutschland also, seine einzigartige Kulturdichte. Unter dem Titel Wir haben ja alle Deutschland nicht gekannt. Das Deutschlandbild der Deutschen in der Zeit der Weimarer Republik nimmt der Kunsthistoriker Wolfgang Kemp die Sichtweisen von Schriftstellern, Grafikern oder Fotografen in den Blick, jener Menschen, die Deutschland entdecken wollten, frei von nationalen Stereotypen.
Seine Reise durch die Weimarer Republik führt Kemp auch nach Thüringen: Selbstverständlich nach Weimar, denn „an keinem anderen Gegenstand lässt sich besser demonstrieren, wie Deutschland in ‚Bruchzonen‘, in ‚Kampfzonen‘, in ‚Deutschländer‘ zerfiel, als an der Geschichte des Ortes, der der ganzen Ära den Namen gab“ (siehe das Kapitel „Der Symbolort Weimar“, S. 54−62). In dem Kapitel „Das Notgeld der deutschen Städte“ (S. 297−306) nimmt Kemp seine Leser aber auch mit nach Kahla, „die geheime Hauptstadt der deutschen Ersatzwährung“. Wie keine andere deutsche Stadt sah Kahla im Notgeld eine Chance: künstlerisch, organisatorisch und ökonomisch. Sehr bekannt wurde laut Kemp zum Beispiel eine Serie von 1921, die der norwegische Maler, Grafiker und Karikaturist Olaf Gulbransson (1873−1958) entwarf. Hier werden Werteverfall und Währungsverfall direkt nebeneinander gestellt. Der 75 Pfennig-Notgeldschein zeigt auf der einen Seite einen Baumstamm mit Geldscheinregen. Auf der Rückseite kehrt der deutsche Michel einen Haufen beschriebener Zettel zusammen. Auf ihnen kann man untern anderem folgende tugendhaften Botschaften lesen: „Ehrlich währt am längsten“, „ Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, „Du sollst nicht stehlen“.


Die Publikation von Wolfgang Kemp steht kostenlos als PDF und Volltext auf der Webseite der Universität Heidelberg zur Verfügung: https://heiup.uni-heidelberg.de/catalog/book/90
Wolfgang Kemp: Wir haben ja alle Deutschland nicht gekannt: Das Deutschlandbild der Deutschen in der Zeit der Weimarer Republik, Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2016. DOI: 10.17885/heiup.90.106
Prof. Dr. Wolfgang Kemp ist Kunsthistoriker. Er lehrte zuletzt an der Universität Hamburg und ist derzeit Gastprofessor an der Leuphana-Universität Lüneburg. Er forscht und publiziert über Rezeptionsästhetik, Fotografie und Kunstgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart.
Jan 31, 2019 @ 23:19:03
wir müssen unsere geschlossenen Kultureinrichtungen wieder eröffnen. denn die Flüchtlings Politik ist gescheitert.
unsere Regierung hat uns mit der Wiedervereinigung verarscht.
Ministerien werden in Berlin auf einer Geschäfts Ebene fingiert, wir Menschen sind Deren Kollateral,Personal, während in Bonn die Ministerien der Gebiete liegen und schlafen