Lutherland Thüringen

Der Freistaat auf dem Weg zum Reformationsjubiläum „Luther 2017“

von Dr. Thomas A. Seidel

Luther_2017_RGB_klein„Am Anfang war das Wort“  – „In the beginning was the word“ – „En el principio era el Verbo“ – „Au commencement était la Parole“.
Dieses Zitat aus der Bibel, aus dem Johannes-Evangelium im Neuen Testament, wird als Botschaft weltweit verstanden und ist das Leitwort der kommenden Jahre. 2008 begann die Reformationsdekade „Luther 2017“ mit acht thematisch gestalteten Jahren, die 2017 in die Feierlichkeiten „500 Jahre Reformation“ münden.

Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther 95 Thesen gegen den Ablass. Der Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche markiert den Beginn der Reformation, die ganz Europa erfasste. Einstimmig hat der Deutsche Bundestag im Juli 2011 festgehalten: „Bei dem Reformationsjubiläum im Jahr 2017 handelt es sich um ein kirchliches und kulturgeschichtliches Ereignis von Weltrang.“

Die Abgeordneten sind sich mit vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern aber auch darin einig, dass das Reformationsjubiläum keineswegs nur als religiöses und historisches Phänomen zu verstehen ist. Vielmehr seien ausdrücklich „auch zivilgesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen in das Blickfeld zu rücken“. Zahlreiche positive touristische und ökonomische Synergieeffekte werden ebenso erwartet wie Gelegenheiten „zur theologischen und wissenschaftlichen Reflektion, zur stärkeren Förderung des Dialogs zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik sowie eine Vertiefung ökumenischer Kontakte“.

„Thüringen als Lutherland entdecken und entwickeln“ – so lautet die Aufgabe hier im Lande. Bis zum Jubiläumsjahr 2017 soll mit vielen Partnern in Staat, Kirche und Zivilgesellschaft an 500 Jahre Reformation erinnert werden.

Als „Lutherland“, als Kernland der Reformation, besitzt der Freistaat Thüringen sowohl einzigartige historische Zeugnisse und kulturelle Schätze als auch vielfältige Ressourcen und Potenziale. Dabei geht es nicht nur um ein nationales Event an authentischen Erinnerungsorten. Vielmehr stehen die nachhaltigen bildungs- und forschungspolitischen sowie kultur- und tourismuswirtschaftlichen Chancen im Mittelpunkt, die sich für Thüringen ergeben. Die hiesigen Museen und Lutherstätten leisten dazu, auch mit Blick auf einzigartige Exponate, einen außerordentlich wertvollen Beitrag.

Quelle: Broschüre Lutherland Thüringen

Quelle: Broschüre Lutherland Thüringen

In Städten und Dörfern Thüringens erinnern Burgen, Schlösser, Klöster, Kirchen und Wohnhäuser unmittelbar an das Werden der Reformation und ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart. In Martin Luthers Fußstapfen auf über 800 Kilometern durch Thüringen wandern oder pilgern, das macht der Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Bayern verbindende Lutherweg möglich. Eingebettet in abwechslungsreiche Landschaften führt er zu bedeutenden Stätten der Reformation und weiteren faszinierenden Sehenswürdigkeiten.

Die bisherigen Themenjahre der Reformationsdekade „Luther 2017“

Die Reformationsdekade nähert sich in Themenjahren dem Reformationsjubiläum 2017. Dabei werden inhaltliche Schwerpunkte gesetzt, die das Ereignis für Menschen heute erlebbar und erfahrbar machen möchten.

Reformation und Bekenntnis (2009)
Die Reformation verbreitete sich über Landesgrenzen hinweg in ganz Europa. In der Schweiz war sie von Johannes Calvin geprägt, dem Gründungsvater des reformierten Protestantismus. Das Reformationsjubiläum 2017 möchte ein Fest aller reformatorischen Kirchen sein und Menschen aus aller Welt ansprechen.

Reformation und Bildung (2010)
Luther prägte die deutsche Sprache durch seine Bibelübersetzung wie kein Zweiter. Ausgehend von der eigenen Lektüre wurde Bildung für alle verfügbar. Philipp Melanchthon, Johann Gottfried Herder oder Wilhelm von Humboldt führten diese Bildungsimpulse fort und prägen noch heute unser Denken.

Reformation und Freiheit (2011)
Die Reformation steht für die christliche Rückbesinnung auf das Wort Gottes. Sie ist aber gleichzeitig Ausdruck eines am Individuum orientierten, freiheitsbewussten Weltbildes. Aus der Freiheit jedes Einzelnen folgt auch die Gewissensfreiheit, die bis
heute das Miteinander in Staat, Kirche und Gesellschaft prägt.

Reformation und Musik (2012)
Musik und Gesang im Gottesdienst der Gemeinde sind Erfindungen der Reformation, die fest zum evangelischen Glauben gehören; deshalb wird die Reformation auch als Singbewegung bezeichnet. Evangelische Kirchenmusik großer Musiker von Johann Sebastian Bach bis Felix Mendelssohn Bartholdy wurde von den Kirchen auch in die Konzertsäle gebracht und prägt die europäische Musikkultur bis heute.

Reformation und Toleranz (2013)
Wir leben heute in einem toleranten Europa, in dem die Würde und Meinungsfreiheit jedes einzelnen Menschen geachtet wird. Dies war in der europäischen Geschichte nicht immer selbstverständlich, die Konfessionskirchen haben in ihren Kämpfen auch
schweres Leid hervorgerufen. Dieses Jahr dient dazu, auch diese Schattenseiten zu benennen, die Lerngeschichte der Kirchen aufzuzeigen und ein religionsbefriedetes Zusammenleben ohne nationalistische oder konfessionalistische Begrenzungen zu stärken.

Das aktuelle und die kommenden Themenjahre

Lutherdenkmal in Erfurt. Quelle: Broschüre Lutherland Thüringen

Lutherdenkmal in Erfurt. Quelle: Broschüre Lutherland Thüringen

Reformation und Politik (2014)
Die Reformation prägte einen neuen christlichen Freiheitsbegriff, hatte aber auch ein durchaus zwiespältiges Verhältnis zur staatlichen Macht: Zwischen Ergebenheit und Aufstand pendelte das Engagement. Zugleich wurde die Reformation zu einem Meilenstein auf dem Weg zu einer demokratischen Gesellschaft und einer aktiven Zivilgesellschaft, wie wir sie heute kennen.

Reformation und Bild und Bibel (2015)
Vor 500 Jahren begann mit der Reformation eine Medienrevolution. Der Buchdruck bekam durch die Verbreitung der Luther-Bibel eine neue Qualität; Flugblätter waren fortan ein Massenmedium. Bedeutende Künstler wie Lucas Cranach entwickelten eine neue Wort- und Bildsprache auf dem Weg in die Moderne. Innerhalb dieses Themenjahres organisieren die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, die Wartburg Stiftung Eisenach und die Klassik Stiftung Weimar unter der Überschrift: „Bild und Botschaft – Cranach 2015 in Thüringen“ eine Landesausstellung zu Leben und Werk Cranachs d. Ä. und seiner Söhne.

Reformation und die eine Welt (2016)
400 Millionen Protestanten weltweit richten ihren Blick nach Deutschland, das Mutterland der Reformation. Viele Menschen werden die Orte besuchen, an denen der Aufbruch aus der mittelalterlichen Einheitswelt und die Erneuerung von Glauben und Denken den Anfang nahmen. Das Jubiläum wird ein internationales Ereignis sein und in die ganze Welt ausstrahlen.

Jubiläumsjahr (2017)
500 Jahre nach dem Thesenanschlag vom 31. Oktober 1517 werden im Jubiläumsjahr 2017 in Deutschland und weltweit zahlreiche Veranstaltungen an dieses Weltereignis erinnern. Der Deutsche Evangelische Kirchentag wird in Berlin und Wittenberg stattfinden. In Berlin („Die weltweite Wirkung der Reformation“), Wittenberg („Das Jahr 1517“) und auf der Wartburg bei Eisenach („Luther und die Deutschen“) werden gemeinsam und mit je eigenem Profil große, national und international bedeutsame Ausstellungen vorbereitet. Die Welt ist zu Gast im Lutherland.

„Luther 2017“ in Thüringen – Kulturpolitische Perspektiven*

Broschüre Lutherland Thüringen

Broschüre Lutherland Thüringen

1. Die Thüringer Landesregierung hat mit zahlreichen Initiativen und Projekten deutlich gemacht, dass sie die Vorbereitung des Reformationsjubiläums »Luther 2017« als bedeutende landespolitische Querschnittsaufgabe und wichtigen Bestandteil der Kulturlandschaft Thüringen begreift. Der Beauftragte der Thüringer Landesregierung zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums »Luther 2017« bündelt und fokussiert die Aktivitäten des Freistaats.

2. Die zentrale politische Aufgabe besteht in der regionalen und nachhaltigen Gestaltung eines historischen und kulturellen Ereignisses mit internationaler Dimension. Mit dem Kabinettsbeschluss vom 31. Mai 2011 zur Bündelung der laufenden Aktivitäten wurde eine wesentliche Grundlage zur Erfüllung dieser Aufgaben gelegt. Dazu gehört die auskömmliche Finanzierung der »Lutherdekade«-relevanten Projekte gemäß der beschlossenen »Dekaden-Grundsätze« und die zusätzliche Bereitstellung der erforderlichen Komplementärfinanzierung, um die für die Vorbereitung von »Lutherdekade« und Reformationsjubiläum »Luther 2017« zur Verfügung  stehenden Mittel Dritter, insbesondere Mittel des Bundes, möglichst auszuschöpfen.

3. Eine große Aufgabe ist und bleibt dabei die notwendige denkmalpflegerische und städtebaulich begleitete Instandsetzung der zahlreichen originalen Lutherstätten und historischen Reformationsorte im »Lutherland Thüringen«, um sie den Bürgern des Freistaats und den zahlreichen Gästen aus Deutschland und der Welt zugänglich machen zu können.

4. Die Entdeckung und Entwicklung des »Lutherlandes Thüringen« soll in einem erkennbar säkularisierten Land die kulturelle Verwurzelung und die elementare Sprach- und Diskursfähigkeit von Menschen unterschiedlicher religiöser oder nichtreligiöser Überzeugungen und  Weltanschauungen stärken. Zahlreiche schulische, außerschulische, kulturelle und künstlerische Projekte wurden in Gang gesetzt bzw. befinden sich unmittelbar vor ihrer Umsetzung, wie z. B. »Denkwege zu Luther«, »Lutherfinder«, »Luther und die deutsche Sprache«. In der Vorbereitung auf die Themenjahre »Reformation und Toleranz« 2013 und »Reformation und Politik« 2014 steht die Befassung mit Luthers pejorativen Äußerungen zu den Juden, den Türken oder den aufständischen Bauern im Fokus der Aufmerksamkeit. Damit korrespondierende Veranstaltungen, Ausstellungen und Projekte werden gemeinsam mit dem Museumsverband, dem Landesmusikrat, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und weiteren Partnern diskutiert und organisiert.

5. Die Vorbereitung des Reformationsjubiläums »Luther 2017« erfolgt entlang der o.g. Jahresthemen in enger konzeptioneller Verschränkung mit den kulturpolitischen und kulturtouristischen Grundlagen der Landesregierung (Kulturkonzept, Landestourismuskonzeption, Thüringenjahr, IBA Thüringen u.a.). Dazu zählen – neben dem »Thüringer Lutherweg«, dem im Aufbau befindlichen »Netzwerk für Reformations- und Protestantismusforschung« – jahresthemenbezogene Ausstellungsprojekte zu Spalatin in Altenburg, Müntzer in Mühlhausen u.a. Hervorgehoben sei die geplante Kooperationsausstellung der Wartburg-Stiftung, der Stiftung Schloss Friedenstein und der Klassik Stiftung Weimar im Themenjahr »Reformation, Bibel und Bild« 2015 anlässlich des 500. Geburtstagsjubiläums Lucas Cranachs d. J. Sie steht unter dem Arbeitstitel »Bild und Botschaft«. Diese großen Cranach-Ausstellungen sollen gemeinsam mit den korrespondierenden Ausstellungsprojekten in Sachsen-Anhalt vermarktet werden. Mit Blick auf das Jubiläumsjahr wurden die Vorbereitungen zu einer »Jubiläums-Dramaturgie 2017« in Gang gesetzt. Im konzeptionellen Brennpunkt steht dabei die große nationale Jubiläumsausstellung zu Thema »Luther und die Deutschen« auf der Wartburg.

*Kulturkonzept des Freistaats Thüringen, hier: Thomas A. Seidel, Die Vorbereitung des Reformationsjubiläums „Luther 2017“, S. 129f.

Zum Weiterlesen:

http://www.luther-in-thueringen.com

http://www.luther2017.de/

Broschüre Lutherland Thüringen (als E-book und zum Download)

Zum Autor: Dr. Thomas A. Seidel ist der Beauftragte der Thüringer Landesregierung zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums „Luther 2017“.

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