Johanniterburg Kühndorf
von Robert Eberhardt
Die Johanniterburg Kühndorf ist als einziges privates Objekt der Thüringer Burgenstraße ein echter „Geheimtipp“ und lädt mit einem kulturellen Programm jedes Jahr von Frühling bis Herbst Geschichtsinteressierte und Burgenfans in ihre Mauern. Schlossherr Konstantin von Eichborn, dessen Eltern die Anlage 1991 erwarben, bewirtschaftet die Burg mit seiner Frau und hat in den letzten Jahren eine nicht unbedeutende „Fangemeinde“ für seine Burg gewinnen können. Die Räumlichkeiten können für Feiern, Familientreffen oder Tagungen gemietet werden, mehrere Ferienwohnungen stehen zur Verfügung.
Bei Führungen durch die Burganlage berichtet von Eichborn eloquent über eigene Erlebnisse während der Restaurationsarbeiten. So zum Beispiel wie die Familie beim Ausheben des Fußbodens des alten Gerichtszimmers einen Holzklotz fanden, der auffällige Einschlagspuren aufweist und den Wissenschaftler auf das erste Drittel des 17. Jahrhunderts datierten. „Würde man solch einen Klotz nicht eher verbrennen anstatt ihn unter dem Boden zu verstecken?“ fragt der Schlossherr und schlussfolgert, dass für die Kühndorfer wohl doch zu viel Verwandtschaft daran klebte.
Für Burgenexperten ist die Anlage ein beredtes Studienobjekt. Das am Türsturz der Pforte zur Oberburg angebrachte Wappen der Grafen von Henneberg ist die älteste in Stein gehauene Wappendarstellung des Geschlechts, das eng mit der Burg verbunden war. 1315 wurde anstelle eines Vorgängerbaus der Bau der massiven Verteidigungsburg begonnen, weil Berthold Berthold IV. von Henneberg hohe Ämter im Johanniterorden besaß und von seinem Bruder Berthold dem Weisen Anlage und Umgebung geschenkt bekam. Im 11. Jahrhundert in Jerusalem entstanden, war der Orden vor allem an den Grenzen der Christenheit im Mittelmeergebiet engagiert. Dass er ein derart großes Kastell weit weg vom mediterranen Wirkungsgebiet im Fränkischen am Dolmar errichten ließ, ist deshalb auch nur mit den speziellen Machtinteressen der damaligen Zeit zu erklären und verwundert bis heute viele Historiker.
Jedenfalls baute man schnell und nach fünf Jahren stand die Burg. Von späteren Umbauten berichtete der heutige Burgherr und erklärte die restaurativen Maßnahmen, die seine Familie in den vergangenen 20 Jahren unternommen hat. Wie die Burg ihre Entstehung dem außergewöhnlichen Wirken zweier Generationen zu verdanken hat, belebten die Eichborns mit privaten Mitteln das Baudenkmal in wenigen Jahren in vorbildlicher Art. Nicht nur den Holzklotz entdeckte man dabei, sondern auch eine zentimeterdicke Rußschicht an der Decke eines zu Ordenszeiten für die Krankenpflege genutzten Saales oder Fresken im Innen- wie Außenbereich, darunter in ihrer Farbigkeit beeindruckende Allegorien der Gerechtigkeit und Wahrheit.
Der historische Charme vieler Räume entspringt gerade der behutsamen Vorgehensweise der Eigentümer, die vielfach alte Materialen vor Ort beließen und nicht wie bei vielen anderen Denkmälern „überrestaurierten“ oder in eine alte Hülle beliebig wirkende Fälschungen bauten. Die Besucher waren sich einig, mit der in vielfacher Hinsicht besonderen Anlage ein Kleinod der Thüringer Kulturlandschaft entdeckt zu haben, das in privater Initiative öffentlich nutz- und erlebbar gemacht wird, wie man es sich für viele weitere Objekte im Freistaat wünscht.
Zum Autor: Robert Eberhardt, Autor, Verleger des Wolff Verlags und Student der Kunstgeschichte ist Vorsitzender der Gesellschaft Kulturerbe Thüringen e.V.